Marktpotenziale USA & Kanada.
Experten-Interview: Worauf sollten StartUps beim Markteinstieg besonders achten?
Seine Produkte oder Dienstleistungen in den USA oder in Kanada anzubieten ist der Traum vieler Gründer. Wir haben mit Robert Matschoß von der GTAI ein spannendes Interview geführt, um herauszufinden, worauf man beim Markteinstieg besonders achten sollte.
Wie schätzen Sie das Marktpotenzial für StartUps aus den Bereichen Medizintechnologie, Erneuerbare Energien und Informationstechnologien in Nordamerika ein?
In allen drei Bereichen müssen sich deutsche Start-ups auf eine extrem intensive Wettbewerbsdynamik einrichten. Sie treffen aber in den USA gleichzeitig auf einen der dynamischsten Märkte weltweit und die mit am besten entwickelten Netzwerke von Geldgebern und potenziellen Partner-StartUps.
Die weltweit höchsten Gesundheitsausgaben aber auch zunehmender Einspardruck im Gesundheitswesen machen die USA zu einem spannenden Markt. Das Potenzial von Lösungen für die Erneuerbaren Energien hängt stark von der Gesetzgebung auf Bundestaatenebene ab. Hier lohnt sich ein Vergleich.
Gibt es eigentlich neben New York und Silicon Valley weitere StartUp-Hubs in Nordamerika, die sich auch für deutsche StartUps anbieten?
Obwohl das meiste Wagniskapital nach wie vor in das Silicon Valley und die Bay Area fließt, sind auch Los Angeles und Boston längst keine Geheimtipps mehr. Auch jenseits der USA gibt es in Nordamerika dynamische StartUp-Standorte, etwa die Metropolregion Toronto, die Stadt Waterloo in Ontario, Kanada oder Vancouver, das sich einen Ruf als Fintech-Standort erworben hat. Quebec und Vancouver, aber auch Guadalajara in Mexiko gelten als Zentren der Gaming-Industrie. Kanada besitzt zudem eine ausgeprägte staatliche Förderung für Jungunternehmer, in deren Genuss auch Gründer aus dem Ausland kommen können.
Wie können deutsche StartUps am besten Kontakt zu lokalen Partnern aufbauen?
In den USA und Kanada unterstützen hunderte Inkubatoren und Akzeleratoren verschiedenster Betreiber StartUps unter anderem dabei, Netzwerke aufzubauen. Diese sind nach Erfahrungen zahlreicher Gründer von zentraler Bedeutung. So operieren die meisten erfolgreichen StartUps im Land in einem Netzwerk aus Investoren und weiteren StartUps. Allerdings ist die Konkurrenz um die Plätze in den Inkubatoren und Akzeleratoren enorm.
Seit 2012 gibt es speziell für deutsche StartUps zum Beispiel den German Accelerator. Gründerinnen und Gründer werden hier über einen Zeitraum von drei bis zwölf Monaten von einem Team aus StartUp-erfahrenen Experten und Kapitalgebern gecoacht. Das Programm wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Neben Palo Alto und San Francisco hat der German Accelerator mittlerweile Standorte in New York City und Boston eröffnet. (http://germanaccelerator.com/).
Zudem gibt es mit „Step USA“ ein fünftägiges Markterschließungsprogramm für deutsche StartUps, das viermal im Jahr von der Deutsch-Amerikanische Handelskammer New York mit ihren Partnern durchgeführt wird. Deutsche StartUps können sich bewerben, um vor Ort mögliche Finanziers kennen zu lernen und Kontakte in die lokale StartUp-Szene zu knüpfen (http://www.gaccny.com/dienstleistungen/innovation-startup-relations/step-nyc-startup-program/).
Mit welchen Themen sollten sich Gründer unbedingt befassen, bevor sie mit lokalen Partnern in Kontakt treten?
Bevor man seine Ideen präsentiert, sollte man sich mit den lokalen Erwartungen an eine Businesspräsentation vertraut machen. So eilt deutschen Tüftlern leicht der Ruf des „overengineering“ voraus. Dem Geschäftspartner in den USA dürfte es aber tendenziell wichtiger sein, welchen Nutzen er von dem angebotenen Produkt hat und der Beweis, dass es auch funktioniert. Für US-Geldgeber sind zudem die Vision und die Wachstumschancen des StartUps wichtig. In Kanada sollte man – wenn man sich nach Quebec begibt – eine Präsentation auch in französischer Sprache bereithalten.
Nicht zuletzt ergeben sich bei einer Geschäftstätigkeit im Ausland immer rechtliche Fragen, zu denen man unbedingt vorab einen Anwalt zurate ziehen sollte. Grundlegende Informationen zum ausländischen Wirtschaftsrecht in den Ländern Nordamerikas und in vielen anderen Auslandsmärkten sind auf www.gtai.de/recht zu finden.
Welches sind die größten Herausforderungen im nordamerikanischen Raum für junge Unternehmen aus Deutschland?
Kanada, Mexiko und die USA sind zu unterschiedlich, als dass man diese Frage eindeutig beantworten könnte. Allen drei Märkten gemein ist allerdings ihre im Vergleich zu Deutschland große geografische Ausdehnung. Es ist sinnvoll, sich zunächst regional zu beschränken.
Für die USA im Besonderen gilt, dass der Wettbewerb unter den StartUps ungeheuer intensiv ist. Hier kommt es auch auf Geschwindigkeit an, denn im Zweifel hat ein anderes StartUp bereits dieselbe Idee oder arbeitet an einem vergleichbaren Produkt.
Welche Tipps würden Sie Startups für eine erfolgreiche Internationalisierung in Nordamerika mit auf den Weg geben?
Lassen Sie sich nicht zu sehr verunsichern von dem Ruf, der etwa dem Silicon Valley vorauseilt. Aber bereiten Sie sich gründlich vor.
Die Unternehmensgründung mag teilweise einfacher erscheinen als in Deutschland. Doch holen Sie vorab in jedem Fall rechtliche Beratung ein und lassen Sie Verträge vorab von einem Anwalt prüfen. Anwaltslisten der deutschen Auslandsvertretungen finden Sie unter http://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/Recht-Zoll/Wirtschafts-und-steuerrecht/anwaelte-im-ausland.html.
Außenwirtschaftsinformationen, geschäftspraktische Tipps sowie Informationen zu Recht und Zoll erhalten Sie auf www.gtai.de/usa bzw. www.gtai.de/kanada und www.gtai.de/mexiko. Die Auslandshandelskammern stehen deutschen Unternehmen zudem vor Ort als Ansprechpartner zur Verfügung: www.ahk-usa.com, http://kanada.ahk.de, https://mexiko.ahk.de
Herr Matschoß, besten Dank für diesen Einblick.
Interview: Niclas Apitz – Technikzentrum Lübeck
Foto Robert Matschoß: © GTAI
Robert Matschoß
USA Manager – Germany Trade & Invest